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Amali & Töchterchen Malou

„…no standard can ever teach you to understand and judge a ridgeback.
Only a feeling for, and understanding of, the idea behind the breed.“ Stig G. Carlson

Rhodesian Ridgeback Klassifikation F.C.I.:
Gruppe 6: Lauf- und Schweißhunde
Sektion 3: Verwandte Rassen, ohne Arbeitsprüfung
Verwendung: Jagd von Wild, Wachhund und Familienmitglied
Verhalten / Charakter: Würdevoll, intelligent, Fremden gegenüber zurückhaltend,
aber ohne Anzeichen von Aggressivität oder Scheue

„Der Rhodesian Ridgeback sollte einen ausgewogen gebauten, starken, muskulösen, wendigen und aktiven Hund darstellen, symmetrisch im Profil und bei mittlerer Geschwindigkeit äußerst ausdauernd. Das Hauptaugenmerk ist auf Beweglichkeit, Eleganz und funktionale Gesundheit ohne Tendenzen zu einer massigen Erscheinung
zu legen.“ (FCI-Standard Nr. 146/07.08.1998/D: Rhodesian Ridgeback, Übersetzung: Jochen H. Eberhard)

Wie wir den Rhodesian Ridgeback (RR) sehen?

Um das Wesen eines RRs zu verstehen, führen wir uns zunächst kritisch vor Augen wozu dieser Hund ursprünglich gezüchtet wurde. Der RR wurde ursprünglich als Jagdhund und Wächter für Haus und Hof gehalten.
Heutzutage nehmen die wenigsten RRs diese Rolle ein, sie leben vielmehr in Mitten der Familie und begleiten ihre Besitzer im Alltag der modernen Welt.
Wir wünschen uns alle einen freundlichen, offenen, wohlerzogenen „Familienhund“. Einen, der mit uns durch Dick und Dünn geht, jederzeit abrufbar ist, alleine bleiben kann, freundlich und sozial verträglich zur Artgenossen ist, uns ins Restaurant und in den Urlaub begleitet, möglichst keinen Jagdtrieb zeigt, wachsam und dennoch kinderlieb ist, …
Die Ansprüche an unsere Hunde (ganz gleich welche Rasse) sind in der heutigen Zeit und Gesellschaft extrem hoch!! Dessen stressfreie Bewältigung erfordert viel Verständis für unsere Vierbeiner, gute Prägung, Training und vor allem viel Zeit (!).

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Drei Youngsters haben Spaß (Foto © Ines Filius)

RRs sind spät reife, körperlich schnell wachsende Hunde.
Unsere Nachzuchthündin Malou wog bei ihrer Geburt exakt 450 Gramm. 7 Monate später brachte sie bei einem Stockmaß von 62 cm bereits stolze 31 Kilogramm auf die Waage. Ihre Brüder sind noch größer und schwerer gewesen in diesem Alter. Die körperliche Entwicklung schreitet weitaus schneller voran als die Geistige, die erst ab einem Alter von 3 – 4 Jahren vollständig erreicht wird. Die Adoleszenz (Jugend) des Ridgebacks dauert länger als
bei anderen Hunden – etwa bis zum 4. Lebensjahr. Sie ist gekennzeichnet durch u.a. höhere Berührungsempfindlicheit, Skepsis gegenüber Fremden, größere Individualdistanz, Unsicherheiten im Alltag,…
Ein verständnisvoller, umsichtiger, souveräner Mensch ist gefordert, der dem jungen Geist im großen Körper
benötigt Zeit und Sicherheit gibt umsich mit (zu meist bekannten) Situationen auseinander setzen zu können und
positive Erfahrungen sammeln zu können.
Diese „halb-„starken Kraftpakete vorausschauend zu führen (wenn nötig auch jederzeit bremsen zu können) und entsprechend ihren geistigen Fähigkeiten auszubilden, ist keine einfache Aufgabe. Es erfordert Verständis, intensive Arbeit, ausdauernde Konsequenz und vor allem viel Geduld und Zeit in den ersten Jahren (!). Der Jahresurlaub von 6 Wochen wird dafür wohl kaum ausreichen.

Der RR ist eine sehr ursprüngliche Hunderasse, mit eigenem Kopf, die zur Verselbstständigung neigt. Diese rassetypische Charaktereigenschaft war früher z.B. bei der Jagd von Großwild von Vorteil und durchaus erwünscht. Heutzutage gilt es dieses Verhalten mit viel positiver Motivation zu umgehen und den Hund von seinem instinktgesteuerten Vorhaben abzuhalten – bestenfalls innerhalb weniger Sekunden!

Eine Eigenschaft, die wir sehr an unseren Hunden schätzen, ist die äußerst sensible, genaue und ursprüngliche Kommunikation der RRs. Sie sind äußerst sensibel und feinfühlig. RRs kommunizieren im Normalfall deutlich und unmissverständlich und erwarten dies auch von ihrem Gegenüber.
Im Vergleich zu anderen Hunderassen, haben RRs zumeist eine große Individualdistanz was fremde Hunde und / oder Menschen betrifft.
Bei genauem Hinsehen und dem gewissen Know-how, lässt sich an der Körperoberfläche seines Hundes ablesen, was gerade im Inneren vor sich geht. RRs lassen sich unglaublich gut „lesen“. Wenn man dies als Mensch nicht schnell genug erkennt, kann es oftmals zu spät sein und der Hund zeigt, in unseren Augen, unerwünschtes Verhalten. Um seinen Hund vorausschauend zu führen und situationsabhängig umlenken zu können, gilt es, gerade beim RR „das Kleingedruckte in der Körpersprache des Hunde“ (s. gleichnamiges Buch von U. Blaschke-Berthold) zu verstehen.

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Amali und Malou – zwei, die sich verstehen

 

Der RR besitzt einen ausgeprägter Sozialinstinkt: Er benötigt eine äußerst enge, körperliche &
seelische Verbindung zu seiner Familie. Zwingerhaltung wäre absolut ungeeignet für diese Hunde! Dies bedeutet nicht, dass der RR ein „universeller Kuschel-Hund“ ist. Er benötigt Zeit und oftmals Hilfe um seine Skepsis fremden Menschen gegenüber abzulegen und Vertrauen zu fassen.

Im Umgang mit anderen Hunden ist der RR nicht immer ein Hund der Ärger aus dem Weg geht. Oft erleben wir vielmehr, dass Provokationen von Artgenossen, oftmals sozialinkompetenten Hunden, deutlich beantwortet werden. Abhängig von der sozialen Kompetenz des Hundes, kann es bei Hunderassen, dessen körperliche Disposition oder besonders langes Fell die Kommunikation erschweren, zu Fehlinterpretationen kommen.
Hier ist ein souveräner, vorausschauender Mensch gefragt, der es erst gar nicht zu einer solch brenzligen Situation (für beide Seiten) kommen lässt bzw. seinen Hund erst gar nicht in die Verlegenheit bringt selbst aktiv zu handeln und die Dinge auf seine Art zu klären.
Wenn ein RR sich auf seinen Menschen verlassen kann, nimmt er diese Hilfestellung im Normalfall dankend an.

Der RR ist ein ausdauernder Jagdhund mit großem Eigensinn. Auch wenn der Jagdtrieb und das Jagdverhalten von Hund zu Hund sehr unterschiedlichen ausgeprägt sein kann, muss man sich darauf einstellen, dass unangeleinte, entspannte Spaziergänge in der Natur nicht selbstverständlich sind. Bereits im Welpenalter gilt es die Weichen zu stellen und dem Hund eine sinnvolle Alternative zu bieten: Anti-Jagd-Training, Jagdsequenz-Training, Nasenarbeit, Mantrailing, … sind hier die Dinge die zum Erfolg führen.

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Geschwisterliebe? Malou & Themba im Alter von 8,5 Monaten

Auch die Wachsamkeit von RRs stellt seinen Halter vor eine nicht zu unterschätzende Aufgabe. Da die Wenigsten von uns den RR tatsächlich als „Wachhund“ halten wollen, sondern vielmehr ein Zuhause haben, wo Besucher, Kinder und andere Hunde ein und aus gehen, sollte das ausgeprägte und ernsthaft territoriale Verhalten von Anfang an in die richtigen und situationsangemessenen  Bahnen gelenkt werden.
Der RR ist kein „verwunschener Retriever“ in sportlich, muskulösem Körper!!

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Herr Oranje war immer ein sehr kinderfreundlicher Welpe, das Zusammenleben funktioniert, dank gewisser Grundregeln, sehr gut

Unserer Meinung nach ist der RR seiner Veranlagung nach nicht der optimale „Familienhund“ für Familien mit kleinen Kindern… nicht ausgeschlossen ist, dass er, mit der richtigen Prägung und Erziehung, einer werden kann.
Wenn man nicht auf der Suche nach einem „Familienmitglied“ ist, sondern sich in erster Linie einen Spielkamerad für die Kinder wünscht, sollte man sowieso Abstand von der Anschaffung eines Hundes nehmen – ganz gleich welche Rasse!
Da der RR durchaus in der Lage ist, zu erkennen, dass Kinder menschliche Jungtiere sind, ist es von entscheidender Bedeutung im Vorfeld klare und eindeutige Grundregeln für Hund und Kind zu schaffen. Dies sollte auf keinen Fall der Hund übernehmen müssen! Viele Beispiele zeigen, dass so ein harmonischen Zusammenleben möglich ist. Und auch wenn das Zusammenleben noch so einwandfrei funktioniert, ein wachsames Auge auf Kind und Hund sollte selbstverständlich sein.

 
Der Ridgeback (4)Es kann ein lange und zeitweise sehr anstrengender Weg sein, den RR zu einem leichtführigen, unkomplizierten Hund zu machen. Aufbau von gegenseitigem Vertrauen, eine feste Bindung und kontinuierliches Training, macht den RR zu einem starken Partner. Dieses Ziel lässt sich nicht mit Druck, „Schärfe“ oder unangemessen starker Unterordnung erreichen. Wer diese Erziehungsmethoden verfolgt, wird an einem RR verzweifeln und den Hund zutiefst unglücklich machen.
Mit guter Vorbereitung, liebevoller Konsequenz und dem Willen, die Eigenarten dieser besonderen Hunderasse nicht nur zu akzeptieren, sondern vor allem auch zu respektieren, wird der RR zu dem treusten Freund den man sich wünschen kann.